Freitag, 08 November 2024
17:43
Uhr
Autor: Stefan
Amuse to Death klingt wie eine Band, die kein Bock auf Schubladen hat – und das merkt man an jeder Ecke. 2023 kamen die Musiker auf die Idee, Swing und harten Metal wie Progressive und Technical Death Metal zu mixen und damit komplett neue Vibes zu kreieren. Dabei setzen sie sogar ein Horn ein – klar, das ist im Metal eher unüblich, aber genau das macht’s spannend. Der Sound ist technisch anspruchsvoll, trotzdem eingängig und gar nicht so chaotisch, wie man denkt. Also: klare Strukturen, Fretless-Gitarre, Fretless-Bass, abwechselnd cleanen und harten Gesang. Die Ästhetik der Band geht stark in Richtung 20er- und 30er-Jahre, alles in Schwarz-Weiß mit Cartoon-Charakter und Rubberhose-Style – denk an alte Mickey-Mouse-Kurzfilme, aber düsterer und abgefahrener. Die Texte drehen sich um einen Charakter namens Al. Al ist drogenabhängig, psychisch am Ende und wird ständig von Stimmen gequält, die ihn fast in den Wahnsinn treiben. Einziger Ausweg: Die Band spielt in seinem Kopf und verschafft ihm so eine Flucht aus seinem Elend. Aber natürlich ist das Ganze auch ein Statement gegen Drogen und psychische Krankheiten. Die Band spricht sich klar gegen Gewalt, Diskriminierung und für Meinungsfreiheit aus.
Der erste Song, "Ill Fated", ist der „Einstieg“ in diese düstere, aber faszinierende Klangwelt. Hier werden die Swing- und Metal-Elemente noch halbwegs dezent kombiniert. Der Song hat einen eingängigen Aufbau, wobei ein Fretless-Bass-Solo das technische Niveau hebt und zeigt, dass hier musikalisch einiges los ist. Im Text geht es um Al, der von den inneren Stimmen so sehr gequält wird, dass er kurz vorm Durchdrehen steht.
"Blacktoothgrin" bringt dann eine neue Schippe Wahnsinn rein. Hier treffen die musikalischen Welten ohne viel Übergang aufeinander – die Band wirft Swing und Technical Death Metal regelrecht in einen Mischer. Das Ergebnis: Man hört Jazz-Elemente, die fast nach Duke Ellington oder Count Basie klingen, im Wechsel mit harten, schnellen Metal-Passagen. Hier geht’s im Text um Al und seine Sucht – das Ringen mit den Drogen, das ihn immer tiefer in die Dunkelheit zieht.
In "Lowlifer" zeigen sich die witzigeren und ironischeren Züge der Band. Der Song ist fast schon ein bisschen wie ein Slapstick im Metal-Format: Die Hörner und die groovigen Instrumentals haben was von einer alten Komödie und bilden einen faszinierenden Gegensatz zum doch eher düsteren Grundthema. In den Lyrics wird der Gegensatz zwischen Al’s grauem Alltag und seinen bunten Fantasiewelten beschrieben, die er auf einem Morphiumtrip erlebt.
Zum Schluss steht dann "The Alibi" – der epischste Song der EP und so was wie eine Prog-Arie. Hier gibt’s alle Register: langsame Parts, harte Metal-Passagen, krumme Takte, Instrumentalsoli – das volle Paket. Musikalisch geht der Track total ab und zeigt, was die Band kann, von Tempoänderungen bis hin zu Instrumentenvielfalt. Der Song basiert auf einem Traum der Sängerin Carmen, in dem sie als Zeugin ihres eigenen Mordes agiert und gleichzeitig verdächtigt wird. Das Stück ist das absolute Highlight und perfekter Abschluss einer EP, die Sound und Story zusammenbringt.